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Nach dem Ende der Beatles war Ringo Starr derjenige, dem sogenannte Experten und Musikkritiker die wenigsten Chancen auf eine erfolgreiche Solokarriere zutrauten. Das man von ihm keine musikalischen Wundertaten erwarten konnte, wußte wohl keiner besser als der gute Ringo selber. Das er aber einiges auf Lager hatte, dürfte wohl selbst die gehässigsten Kritiker verblüfft haben. Galt Ringo ihrer Meinung nach bei den Beatles eher als Mitläufer ohne großes musikalisches Potential, so zeigte er seinen Kritikern vor allem in der ersten Hälfte der 70er Jahre eine lange Nase. Auch wenn seine Musik im Gegensatz zu denen seiner alten Bandkumpels John Lennon, Paul McCartney und George Harrison eher einfach gestrickt war, so bestach diese doch durch Vielfältigkeit und einem sehr hohen Unterhaltungsfaktor. Gerade die Vielfältigkeit war es, die Ringos Musik auszeichnete. Seine ersten beiden Solowerke, 1970 erschienen, belegen das nachhaltig: Bot er auf seinem Debüt Sentimental Journey eine nostalgische Reise durch die englischsprachige Schlagerwelt der 30er- und 40er Jahre, überraschte er mit Album Nummer 2 Beaucoups Of Blue mit C&W getränkter Musik. Und genau mit letzteren Werk konnte er die Sympathien des amerikanischen Publikums für sich gewinnen und mit der Single Beaucoups Of Blue im November 1970 in den Staaten seinen ersten, wenn auch bescheidenen Hit landen. Mit den nächsten Singles It Dont Come Easy (1971) und Back Off Boogaloo konnte er internationale Tophits landen und sich endgültig als Solist etablieren. Vor allem mit dem von George Harrison produzierten It Dont Come Easy bewies Ringo, daß auch er gute, packende Songs schreiben konnte. Kleine stimmliche Unzulänglichkeiten glich er dadurch aus, daß man seinen Liedern anhört, daß er wirklich mit Freude bei der Sache war. Und genau diese Tatsache ist es, die seine Platten so sympathisch machen. Ein solches Beispiel ist sein 1973 erschienenes drittes Album Ringo. Unter der Regie von Richard Perry und mit einer Crew von erlesenen Musikern (u.a. John Lennon, George Harrison, Paul McCartney, Klaus Voormann, Billy Preston, Jim Keltner, Marc Bolan, Nicky Hopkins, Vini Poncia, Robbie Robertson, Rick Danko, David Bromberg und Steve Cropper) ist ihm ein vorzüglich Werk gelungen, vielleicht das beste seiner Solokarriere. Erwähnenswert an Ringo ist auch das witzige Cover, das ein klein wenig an Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band von den Beatles erinnert. So witzig das Cover ist, so unterhaltsam ist der musikalische Inhalt. Auf die einzelnen Songs (geschrieben von Ringo, George, John, Paul, Randy Newman, Vini Poncia und Richard & Robert Sherman) braucht man nicht näher eingehen, bieten sie allesamt vorzüglichen, teilweise mitreißenden Poprock. Zwei Stücke sollte man vielleicht doch erwähnen, und zwar Photograph und Youre Sixteen. Photograph ist ein Song, der in Ringos Discographie seinesgleichen sucht. Das von Ringo und George verfaßte Lied über eine zerbrochene Liebe kann es von der Qualität her locker mit den stärksten Beatles Klassikern aufnehmen. Nicht umsonst war Photograph Ende November 1973 in den USA eine Nummer 1 und ein internationaler Superhit. Meines Erachtens gehört Photograph zu den besten Liedern der 70er Jahre. Ein ähnlich großer Erfolg in den US-Charts wurde die Nachfolgesingle Youre Sixteen, die Ende Januar 1974 Nummer 1 in den Staaten war. Oh My My erreichte als dritte Singleauskopplung im Frühjahr 1974 eine gute Top 10 Plazierung in den US-Charts. Wer ein gutes, sehr unterhaltsames Stück 70s Poprock möchte, der sollte unbedingt einmal in dieses vorzügliche Album reinhören. Es lohnt sich!